Erschienen am 27. Juni 2016 bei „BNN“
Abadá-Capoeira-Treffen in der Dragonerhalle
von unserer Mitarbeiterin Nina Setzler
Ein kleiner Junge, der gerade eben laufen kann, trägt stolz ein Berimbau, ein brasilianisches Zupfinstrument in Form eines großen Bogens durch die Halle.
Wie die meisten hier ist er in ein weißes Shirt und eine weiße Hose gekleidet. Um
die Hüfte eine Kordel, die ein Stück am Bein enilangschlackert und je nach
Grad des Capoeristas eine andere Farbe hat. Am zweiten Tag des Internationalen Abadá-Capoeira-Treffens, das am Freitag begann, zeigt der Nachwuchs, was er drauf hat. Kinder
aller Altersstufen rennen durch die Dragonerhalle oder sitzen im Halbkreis vor den Tänzern, die auf der anderen Seite von Musikern und Sängern eingerahmt sind. Beim ,,Samba de roda“ geht es theatralisch und lustig zu, die Percussionisten schlagen einen Rhythmus, bei dem die eigentlich unbetonten Schläge betont werden. Das erzeugt Spannung und animiert zum Tanzen, und es ist auch ein kulturelles Zeichen des schwarzen Widerstandes – Capoeira entstand als Kampf-Tanz afrikanischer Sklaven in Brasilien. Die Jungen tragen große Hüte und umgarnen die Mädchen auf der anderen Seite, ein Pärchen tanzt in der Mitte, bis sich mit schlauen Ablenkungsmanövern immer wieder neue Tänzer in den Kreis mogeln: Ein Knirps kommt mit Handy am Ohr zum anderen, gibt vor, der Anruf sei für ihn, und schwupps, hat er ihm die Tanzpartnerin ausgespannt. Ach der Maculelê ist ein afro-brasilianischer Kampftanz, bei dem Stöcke oder auch Messer wie einst bei der Zuckerrohr-Ernte getragen werden. Er war eine Weile ausgestorben, bevor er in das heutige Capoeira integriert wurde, erklärt ein Junge vor der Vorführung. Zwei Kontrahenten duellieren sich spielerisch, die anderen kreuzen ihre Stöcke, recken sie in die Höhe. Je nach Laune des Tänzers kann man sich hier eher akrobatisch oder tänzerisch bewegen. Kampf, Tanz und Musik bilden eine
Einheit, wer von der großen Capoeira-Mannschaft gerade nicht tanzt, klatscht, singt, trommelt oder streicht den Berimbau. AIs die Kleinen fertig sind, rücken die nicht mehr ganz so Kleinen nach, zeigen Drehungen, Tritte, waghalsige Sprünge, sogar Korkenzieher und Radschläge ohne Hände. Um solches Können zu erlangen, bedarf es vieler, vieler Übungsstunden. Der Karlsruher Capoeira Verein, der das Internationale Treffen in Kooperation mit dem Verein Capoeira Schwetzingen und dem Badischen Turner-Bund Nord organisiert hat, bietet dafür beste Voraüssetzungen: Vor sechs Jahren gegrüdet, zählt er heute schon 120 Mitglieder. Gründer ,,Cao“ ist waschechter Brasilianer und seine Frau ,,LiIás“ (das sind ihre Capoeira-Namen) spielt in der Weltspitze der Damen ganz oben mit. Kein Wunder können sie an diesem Wochenende so vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus ihren Kursen die bunten Capoeira-Kordeln verleihen – bei der traditionellen ,,Batizado de Capoeira“, der Taufe der Capoeira-Schüler, sowie der ,,Troca de Cordas“, die Graduierung der Capoeiristas.